Düfte haben die Fähigkeit, innerhalb von ca. 0,4 Sekunden unser emotionales Zentrum im Gehirn (Amygdala) anzusprechen und Gefühle zu aktivieren, die manchmal sogar 30 Jahre zurückliegen können. Oder nur 1 Woche. Der olfaktorische (also Riech-)Sinn ist somit der unangefochtene Gewinner unter unseren 5 Sinnen, wenn es darum geht, unser Gefühlsleben, unsere Seele, unser Herz anzusprechen.
Mittlerweile besitze ich ca. 120 Duftessenzen, die ich über die Zeit nach meinen Vorstellungen übersichtlich und nach Gruppen (Moschus, Gourmand, Molekular, Holzig, Amber, Balsamisch, Rauchig, Fruchtig, Aquatisch, Grün, Blumig, Würzig, Aromatisch, Zitrisch – dies ist meine ganz eigene Struktur, mit der ich am besten umgehen kann) im Regal zusammengestellt habe. Darunter sind ätherische Öle aus allen möglichen Erdteilen und Ländern: Äthiopien, Indonesien, Madagaskar, Frankreich, China, Indien, Italien usw. Auch synthetische Riechstoffe, die heutzutage in modernen Parfüms Verwendung finden. Mein liebstes darunter: Iso E Super, das fast jeder Duftkomposition eine moderne Komponente hinzufügen kann, die etwas von einem frisch ausgepackten IBook hat zu Transparenz im Duftbouquet beiträgt.
Interessant wird es, wenn – ähnlich einem Puzzle, verschiedene Duftstoffe zu etwas Neuem zusammengefügt werden. Ich suche in einem Duftöl „Ränder“ (Moleküle), die ähnlich riechen wie ein anderer Duftstoff. Oder die genau entgegengesetzt riechen und so einen Kontrast in der Komposition darstellen. Nehmen wir beispielsweise Weihrauch: in meiner Vorstellung einer der angenehmsten und aussagekräftigsten Duftstoffe. Mein Lieblingsparfüm im Moment ist „Eau des Baux“ von L´Occitane. Es enthält Weihrauch als Herznote und wird mit Kardamom und rosa Pfeffer (Kopfnote) bzw. Vanille und Tonkabohne (Basisnote) ummantelt.
Weihrauch kannte ich früher von großen, mächtig beeindruckenden religiösen Gebäuden, die mir das Gefühl von Kälte, Dunkelheit und Strenge vermittelten. Nur nichts falsch machen! Im Sommer zünden wir im freien immer wieder gerne Räucherstäbchen mit Weihrauchduft beim Grillen an, um Mücken zu verjagen – oder um einfach auch diesen so herrlichen Geruch zu genießen, der die Fähigkeit aufweist, uns in eine tiefe und angenehme Ruhe zu führen. So kann ein Duftstoff das eine oder andere (auch ganz extrem entgegengesetzte) Gefühl hervorrufen.
Ich habe mir einige kleine Weihrauchharzkristalle besorgt, die ich in einem kleinen Zerkleinerer zu Staub zerstieß. Duftet herrlich frisch, tief und irgendwie mystisch – unfassbar. In einer Lösung mit Ethanol im Verhältnis 1:2,5 löse ich momentan die Öle aus dem Harz, um mit der gereinigten Konzentration von Weihrauchduft eigene Parfüms herzustellen. Auf meinem Arbeitstisch habe ich daneben schon weitere geeignete Duftkomponenten hindrapiert: Vanille, Lavendel und Leather Oud (weißt o.g. Ränder, also eine gewisse Familiarität mit Weihrauch auf).
Interessanterweise las ich heute früh in der Apostelgeschichte (Apg. 10,4) von einem Mann – Kornelius, der sich als römischer Hauptmann der Italischen Kohorte durch großzügige Gaben um die Armen im Land kümmerte und Gott liebte. Ein Engel begegnete ihm und sprach zu ihm: „Gott hat deine Gebete erhört und deine Gaben für die Armen gesehen. Sie sind zu ihm emporgestiegen wie WEIHRAUCH.“