Der Begriff der Harmonie stammt aus dem Griechischen – „harmonia“, was so viel bedeutet wie „Übereinstimmung“ oder „Einklang“. In der griechischen Philosophie, besonders bei Pythagoras und seinen Anhängern, wurde Harmonie u.a. als das ausgewogene Verhältnis zwischen Gegensätzen gesehen; auch für den Bereich der Ordnung im Chaos oder für die Proportionen, wie sie in der Natur vorliegen wurde der Begriff gebraucht. Wir denken hier vielleicht auch an die Fibonacci Zahlen, die regelmäßig und „ordentlich“ in der Natur wiederzufinden sind.
Oder: Ein guter Wein oder ein wohlschmeckender Kaffee weißt ein ausgewogenes Aroma auf. Ein tolles Parfüm weiß Kopf-, Herz- und Basisnoten wunderbar wohltuend zu vereinen. Harmonische Beziehungen wissen die jeweiligen Individualitäten einzelner Menschen zu einem Ganzen zu fassen und zu erhalten. Eine gelingende Paarbeziehung etwa vereint den scheinbaren Gegensatz der gängigen Sprichwörter: „Gegensätze ziehen sich an.“ und „Gleich und gleich gesellt sich gern.“ In der Farbtheorie bilden sog. Kontrastfarben ein spannendes, lebendiges Gefüge, das wohltut, inspiriert und neugierig macht. Dies kann aber auch viel sachter mit einem gekonnten Spiel passender Pastellfarben geschehen. Wir sehen: wir haben es bei dem Begriff der Harmonie häufig mit unseren Sinnen zu tun und dem Gefühl, dass uns etwas in Folge spürbar wohl tut, gut tut. Es geht um unsere Seele und auch mit dem Gefühl von Sinn – dieses Wort hat ethymologisch tatsächlich direkte Verbindung zu unseren 5 Sinnen.
Als Klavierlehrer möchte ich jedoch an dieser Stelle von der Musik her kommen. Mein erster Klavierlehrer war Bratschist bei den Wiener Philharmonikern und auch in diesem Wort steckt Musik drin, denn „Philharmonie“ kommt vom Griechischen und bedeutet soviel wie „Liebe zur Musik“. Diese hat mir mein damaliger Lehrer wunderbar vermittelt. Musik baut auf den drei Säulen Harmonie, Melodik und Rhythmik auf. Wenn man sich etwas mit dem Bereich der Musiktheorie auseinandersetzt und hier besonders mit dem, was überhaupt erst zur Empfindung von Harmonie führt, wird man perplex feststellen, dass die Akkorde, die Dreiklänge, die wir besonders gerne hören und als harmonisch wahrnehmen, reinste Mathematik bzw. Physik sind. Ich erkläre das kurz: nehmen wir etwa den einfachsten aller Dur-Akkorde – den C-Dur-Akkord. Dieser fußt auf dem Grundton C, baut eine reine Quinte darauf (Ton G) und eine große Terz (Ton E). Zusammen ergeben die Töne C,E,G den klassischen C-Dur-Akkord (was es mit den Moll-Dreiklängen auf sich hat, kann einmal an anderer Stelle erläutert werden – es ist ein tiefphilosophisches Thema und darin meiner Meinung doch wieder sehr einfach zu erklären). Faszinierend, dass wir damit auf äußerst wohltuende und genüssliche Weise Mathematik „hören“. Spiele ich nämlich die 3 Töne im o.g. Grundakkord auf dem Klavier an und nehme ich gleich noch das 1 Oktave höhere C mit dazu, so haben wir das ganzzahlige physikalische Schwingungsverhältnis der Saiten von 1:2 (C1-C2), 2:3 (C-G) und 3:4 (C-E). Ist das nicht verrückt? Und genau so liegt es in der Natur und in unserem Ohr vor: wir hören Mathematik, harmonische Mathematik, kurz: Harmonie. Das sind die Durdreiklänge.
In meiner Freizeit fröne ich ausgiebig dem Hobby der Parfümproduktion. Meine Duftstoff-Bibliothek weist etwa 120 Fläschchen mit ätherischen Ölen und synthetischen Stoffen aus verschiedenen Ecken der Erde auf. Es dauert nur etwa 0,4 Sekunden, bis ein Riechstoff mein emotionales Zentrum im Gehirn – die Amygdala, erreicht und dort Bilder und Erinnerungen freisetzt. Emotionen sind sehr an unsere Geruchswahrnehmung gekoppelt, die durch 10 bis 100 Millionen Riechzellen eingefangen wird. Vielleicht sind Menschen auch u.a. deswegen so unterschiedlich, weil sie eine unterschiedliche Anzahl Riechzellen und somit vielleicht auch eine vielfältige emotionale Wahrnehmung aufweisen. Nur so eine Spekulation nebenher. Auf jeden Fall steht der Parfümbereich der Musik sehr nahe. Auch hier spricht man von harmonischen Duft-Akkorden, Duft-Noten, sogar von einer Duftorgel. Wenn ich nach einem stressigen Alltag manchmal in einzelnen Duftnoten oder Duft-Kompositionen abtauchen, empfinde ich manchmal kaum noch einen Unterschied zwischen Musik und Parfüm. Irgendwie wird die Wahrnehmung dann nahezu austauschbar. Bei Gebrauch der in der Parfümindustrie gängigen Jean-Carles-Methode beim Harmonisieren zweier Duftnoten (z.B. Bergamotte mit Lavendel) werden die jeweiligen Mengenverhältnisse so austariert, dass sie sich harmonisch anfühlen und etwas Neues daraus entsteht. So ist es auch beim Aufbau eines Akkordes in der Musik. Nehme ich dann eine weitere Substanz für mein Parfüm hinzu, stimme (!) ich sie auch zu einem Ganzen, zu etwas gefühlt „Sinnvollem“ so ab, dass es mir am Ende wohltut – oder auch den anderen, für die ich dieses Parfüm gerade anfertige. Niemand möchte ein Parfüm, das unausgewogen, nervig (hier reagieren auch unsere Sinnesnerven!) oder unschön (mit dem Bereich echter Schönheit werden wir uns noch an anderer Stelle befassen) ist. Natürlich wird die Wahrnehmung dabei subjektiv unterschiedlich ausfallen, der oder die mag dieses oder jenes Parfüm lieber, oder auch schon diese oder jene Einzelduftnote mehr oder weniger. Wie auch in der Musik: manche mögen lieber ein Stück in C-Dur, als in Es-Dur oder E-Dur. Diese wunderbare Unterschiedlichkeit bei uns als Menschen macht wiederum als Ganzes (!) ein harmonisches Gefüge. Irgendwie erinnert mich diese Aufteilung im Ganzen auch an den Begriff der Entropie in der Physik, wenn sich etwa ein Tintentropfen ganz selbstverständlich und gleichmäßig in einem Glas Wasser auflöst. Doch hier haben wir es mit einem oder mehreren immergleichen Molekülen zu tun, die Menschen sind doch insgesamt sehr unterschiedlich, individuell. Doch wenn wir etwa an Hochbegabte (im kognitiven Sinne, eigentlich ist jeder irgendwo hochbegabt), Hochsensible (etwa jeder Fünfte in der Gesellschaft) und Hochkreative denken, werden wir erkennen, dass sie überall auf der Erde – harmonisch, verteilt sind. Ebenso wie Männer und Frauen, Jungs und Mädels, Omas und Opas. Die Welt weist normalerweise keinen Überhang von Männern zu Frauen im Verhältnis von 27:1 auf. Sie ist harmonisch, ausgeglichen, von einer gewissen Ordnung geprägt. Und doch sehr heterogen. Und wieder haben wir scheinbar Unvereinbares geeint beieinander.
Die Welt weist viele Gegensätzlichkeiten auf, die dennoch in ihrer Unterschiedlichkeit gut miteinander vereinbar erscheinen – als Ergänzung, als Ausgewogenheit, harmonisch eben.
Vielen künstlerischen, sensiblen und nachdenklichen Menschen ist Achtsamkeit, Gerechtigkeit, ihre Seele, Frieden, Ehrlichkeit und Ausgeglichenheit sehr wichtig. Ich bin der Überzeugung, dass unsere Welt, die ursprünglich auf Harmonie hin angelegt wurde (und leider heute sehr verkommen ist), durch das intelligente Design eines erfahrbaren Gottes erschaffen wurde. Der Heilige Geist ist ein erlebbarer Meister aller Harmonie.
1 Mose/Genesis 1. 1 1 Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über den Wassern. Und Gott sprach: Es werde Licht! und es ward Licht.