Sie hatte sich schon so lange auf diesen Tag gefreut. Schon seit ihrer Jugend hatte sie die lebhaften Träume zur Planung von Brautstrauß, cremeweißem Kleid und teurem Schmuck zig Male gedanklich durchgespielt. Sie hatte so lange auf den Einen – den Richtigen, gewartet. Sie hatte vielfach und fast an jedem Tag Anwärter ausgeschlagen. Sie hatte Ratschläge von lieben Menschen ignoriert, bald irgendeine schnelle Wahl zu treffen. Sie wollte den einen, der genau zu ihr passte. Keine Notlösung und keinen Kompromiss. Der Tag sollte so klar und so rein sein wie der edelste Brillant im teuersten Schliff. Gold, bunte Farben und pures Leben sollten diesen Tag so stark durchdringen, wie keinen anderen zuvor oder danach. Doch der Staat erlaubte zur Feier nur drei Leute: den Priester und das traute Paar. Der Festtag der Vermählung wurde mit einem wohlschmeckenden fränkischen Gericht zu zweit gekrönt. Nachts träumten beide – er und sie, von perfekt goldenen Mustern, die Klimt extra für diesen herausragenden Moment an ihre Traumwände pinselte.
1001-6 Der Tag der Braut
